oder:
Sich etwas in die (Reise-)Tasche lügen
Viele Campingwagen zeugen durch ihre Ausstattung vom Wunsch ihrer Besitzer, etwas ganz Besonderes, Originelles zu haben, und verkörpern den Traum von Freiheit und Abenteuer. Zumindest aber von Individualität, die allein schon durch die Vielzahl ad absurdum geführt wird. Auch deswegen, weil in Zeiten von Corona einerseits die Zahl der Campingbusse noch einmal rasant gestiegen, andererseits der Traum vom freien Reisen in weite Ferne gerückt ist. Auf jeden Fall befinden sich diese Fahrzeuge ganz offensichtlich nicht da, wo sie hingehören oder wo ihre Besitzer sie wohl lieber haben würden. Das ließ sich ändern.














An der Weser in Bremen gibt es einen Sandstrand, der vorrangig im Sommer sehr stark frequentiert ist. Immer wieder werden dort aus den daneben gelagerten Steinen für die Uferbefestigung Symbole, Namen o.ä. in den Sand gelegt. In der Regel halten sie sich nicht lange.
Im Herbst tauchte dann dieser Steinkreis mit dem ausgeschnittenen Viertel und dem senkrechten Strich auf. Da die Weser einen recht starken Tidenhub hat, ist mal mehr, mal weniger davon zu sehen. Ich habe diesen Steinkreis wochenlang vom Wasser (aus dem Ruderboot) aus gesehen, bevor ich auf die Idee kam, ihn zu verschiedenen Zeiten vom immer gleichen Standort aus zu fotografieren.
Bei meinen letzten Besuchen hatte schon eine leise Zerstörung eingesetzt: Die Steine des senkrechten Teils wurden für ein Lagerfeuer gebraucht und auf einen Haufen gelegt. Das letzte Bild zeigt einen Mann, der an verschiedenen Stellen Steine zurechtrückt oder dazulegt, vielleicht den Erbauer, der immer mal wieder zum Reparieren kommt.














»vielleicht baum baum vielleicht
vielleicht vogel vogel vielleicht
vielleicht frühling frühling vielleicht
vielleicht worte worte vielleicht«
aus: Eugen Gomringer: worte sind schatten. die konstellationen 1951–1968, Rowohlt Verlag, Hamburg 1969
Die Begriffe »baum«, »vogel«, »frühling« werden hier durch das »vielleicht« hinterfragt, hin- und herbewegt und am Ende durch das »vielleicht worte/ worte vielleicht» noch einmal gänzlich infrage gestellt, was ganz unterschiedliche Bedeutungen haben kann:
Kommt der Frühling? Ist das ein Vogel? Fängt der Baum an zu grünen?
Sehe ich dasselbe wie du? Sieht mein Baum aus wie deiner? Hört sich mein Vogel an wie deiner?
Kann ich meinen Sinnen trauen?
Ist das ein Gefühl oder sind das nur Worte?
Dieses Flirren, die Unsicherheit bezüglich der Begriffe, die doch auf den ersten Blick so eindeutig wirken, die so eindeutige Assoziationen hervorrufen, wird in diesem Gedicht nur durch das Wort „vielleicht“ ausgelöst.(ich würde die beiden Fotos mit Text drin weglassen …)






In Bremen gibt es seit einigen Jahren einen erbitterten Streit, der vielen Menschen sehr nahegeht: der Hochwasserschutz und der Schutz von 136 Platanen. Diese Platanen stehen direkt auf einem Deich an der Weser bzw. Kleinen Weser, der die Bremer Neustadt vor Hochwasser schützen soll. Dass der Deich gestärkt werden muss, ist allen klar, die Frage ist nur, ob dazu die Platanen weichen müssen. Die Stadt ist davon überzeugt und hat ein Konzept zur Neugestaltung des Deiches vorgelegt. Auf der anderen Seite steht eine Bürgerinitiative, die ein Gegen-Konzept vorgestellt hat, bei dem die Platanen stehen bleiben könnten.
Die beiden Seiten stehen sich ziemlich unversöhnlich gegenüber. Die ganze Angelegenheit ist emotional sehr aufgeladen, und das hat viel mit Nähe zu tun. Am engagiertesten für den Erhalt der Platanen kämpfen diejenigen, die in der Nähe wohnen und vielleicht sogar direkt auf die Platanen schauen. Viele Menschen haben für einzelne Bäume eine Baumpatenschaft übernommen, die natürlich auch zu einer besonderen Nähe führt.
Mich hat besonders die räumliche Nähe zwischen Bäumen und Wasser angesprochen.













