»Ich bin der Zeus! Macht keine Zicken  
und setzt Euch hier auf meinen Rücken! 
Haltt Euch am Horne fest und flieht
mit mir dorthin, wo’s keiner sieht!« 

Erst zierte sich das Mädchen sehr –  
dann weniger, dann wieder mehr –  
da wurde es selbst Zeus ganz klar,  
wie uneinig Europa war! 

Und es ist gar nicht übertrieben,  
zu sagen, es sei so geblieben!  

Vor sechzig Jahren schrieb Heinz Erhardt diese Zeilen, und sie haben nichts von ihrer Bedeutung verloren. Der Sage nach hat Zeus die phönizische Königstochter auf der Mittelmeerroute nach Griechenland verschleppt. Millionen Menschen sind ihr bis heute gefolgt, gelockt von dem Mythos Europa, der Verheißung von Sicherheit, eines besseren Lebens, einer kulturellen Idee, dem Gemeinsamen Haus.

Gefunden haben sie aber auch ein Bollwerk, eine Grenze, ein bürokratisches Monster, eine einzige Baustelle und einen Sumpf von Korruption. Das Abendland hat sein Strahlen verloren, die Sonne scheint sich zu verfinstern, es droht der Blackout. Die Kinder Europas, Minos und Rhadamanthys, sind die Totenrichter am Ufer der Styx. Die Münze für den Fährmann ist obligatorisch.

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