Was ist Heimat?
Ein Ort? Eine Landschaft? Eine Nation? Ein Kulturkreis?
Sind es Menschen, Gegenstände, Erinnerungen?
Wie ist es mit der geistigen Heimat, der literarischen, der politischen?
Gibt es einen guten und einen bösen Heimatbegriff?
Wenn ich gehe, nehme ich meine Heimat mit?
Bin ich meine eigene Heimat?
So auch Bashar Al Murabea, der 2015 aus seiner syrischen Heimat Damaskus fliehen musste, um dem Militärdienst zu entgehen. Er erzählte, dass viele seiner Landsleute eine Handvoll Erde aus ihrer Heimat mitnehmen, um ein bisschen ihrer Heimat bei sich zu haben. Er selbst hatte keine Zeit und keine Möglichkeit, um Erde aus Syrien mitzunehmen.
Bashar ist über die türkische Grenze geflohen und von dort mit einem kleinen Flüchtlingsboot über das Mittelmeer nach Griechenland gekommen. Im Kosovo war er für einige Tage in einem Flüchtlingslager, von wo aus er in die Bundesrepublik Deutschland nach Duisburg kam.
Dort hat er nun eine neue Heimat gefunden.
Traditionen miteinander leben
Heimatenge spüren
Heimatklischee verpönt und geliebt
Zeitlos die Zeit genießen
Heimatorte grenzenlos
einfach sein
Der Düsseldorfer Stadtteil Bilk verbindet als Heimat Vertrautheit, Gefühl, Geborgenheit, ein bisschen Witz und Charme.
Das transparente Stadttor steht dabei für die Offenheit, Geschäfte symbolisieren die Sicherheit, mehr als nur gut versorgt zu sein. Fröhlich-bunte Fahrräder sichern spontane Mobilitätswünsche für kleine Strecken im Viertel und darüber hinaus. Der Funkturm über dem Haus, etwas parodistisch, aber auch gewährleistend, dass die Heimat gut vernetzt ist und mit der Welt in Verbindung steht.
Die RAW-Isohelien sollen Heimat als »My home is my castle« mit der gleichzeitigen Absicht, Ferne, Weite und auch die Verbindung zu anderen Ländern symbolisieren und den Betrachtenden gleichzeitig die Chance bieten, eigene Fantasien zu dieser Heimat zu entfalten.
Der Rhein ist unsere gemeinsame Heimat, er verbindet Orte, und doch ist er unterschiedliche Heimat, weil jeder Rheinkilometer einen anderen Blick auf Heimat zeigt.
Rheinkilometer markieren das Rheinufer von der Quelle bis zum Meer. Ursprünglich zur geografischen Orientierung für die Rheinschifffahrt angelegt, stehen sie heute auch stellvertretend für die Regionen – in wirtschaftlicher und geografischer Hinsicht. Jeder Rheinkilometer kennzeichnet unverwechselbar einen (Heimat-)Ort, eine bestimmte Landschaft, Wirtschaftsregion oder eine touristische Attraktion.
Der Rhein war und ist ein wichtiger Verkehrsweg, der dazu beigetragen hat, dass manche Regionen durch ihre historische Bedeutung (z. B. die Burgen am Mittelrhein) zum Weltkulturerbe, andere hingegen zu einem Industriegebiet wurden.
Welches Gesicht die Heimat Rhein hat, liegt an der Perspektive des Betrachters und den Dingen, die ihm persönlich wesentlich erscheinen.
Ein Gemeinschaftsprojekt von Bernd Kesseler, Marcus Westen, Christel Weyers und Helga Weyers
Aufgewachsen im Ruhrgebiet, waren Trinkhallen für mich schon immer ein Sinnbild für (meine) Heimat. Sie gab es schon, als ich ein Kind war: »Eine gemischte Tüte für zwanzig Pfennige bitte.«
Sie haben mich über fünfzig Jahre meines Lebens begleitet und es wird sie (hoffentlich) noch geben, wenn ich schon lange nicht mehr da bin.
Sie haben etwas Vertrautes, eben ein Stück Heimat.
Dort, wo ich geboren und aufgewachsen bin.
Dort, wo ich wohne, habe ich neue Wurzeln geschlagen.
Nicht gekappt sind die Wurzeln zu meinen Freunden – hier ist meine emotionale Heimat, genährt durch Erinnerungen und Emotionen.
Mit dem Zug bin ich unterwegs zu Veranstaltungen, Städtetouren, Konzerten und Museumsbesuchen – sie halten meine Wurzeln frisch.
Meine Heimat liegt in der Ostschweiz, der Geburtsstadt Wil und den Bergen des Alpstein (Säntis) und Churfirsten. Seit über 40 Jahren ist meine Ehefrau meine Heimat, aber auch die Gemeinschaft mit Freunden und Bekannten, das Pflegen von Brauchtum, die Natur und meine christlichen Religion.
Man nehme:
Verbundenheit
Vertrautheit
Geborgenheit
Sehnsucht
Erinnerungen
Sentimentalität
Innere Ruhe
Angekommensein
Zuhause
Zubereitung:
Ein Rezept zu Deiner persönlichen Heimat baut sich im Laufe Deines Lebens auf und verfeinert sich. Jeden Tag kommt eine neue Zutat hinzu und verändert den »Geschmack« deiner Heimat. Freud und Leid, Arbeit und Ruhe, Alltag und Freizeit machen Dein Rezept einzigartig und individuell.
Ob Deine Heimat fertig ist, weißt Du, wenn Du Dich mit diesem Ort verbunden fühlst, der Duft von Vertrautheit und Geborgenheit in der Luft liegt und der Geschmack von innerer Ruhe, Sentimentalität und Sehnsucht Deine Heimat spürbar macht. So soll es bleiben – du bist angekommen in Deiner Heimat!
Heimat entwickelt sich.
Bei uns gab es die Orte vor der Abkohlung, dann den Tagebau, die Kraftwerke, anschließend die allmähliche Rekultivierung. Nun blüht die Landschaft wieder auf und wird so zum Touristenmagneten.
Verändern wir Menschen uns mit unserer Heimat?
»Unser altes, trautes Kirchlein auf der Höhe! Jahrhunderte schon hat es überdauert, schlimme und gute Zeiten gesehen und mit dem Dorf Glück und Trübsal geteilt. Seine Glocken haben viele Generationen zur Taufe, zur Hochzeit und zum Grabe geläutet. […] So war das Kirchlein immer eng verbunden mit dem Leben und Sterben der Gemeinde. […] In seiner schlichten Dorfschönheit, mit dem stillen, verträumten Friedhof und dem altersgrauen, verfallenen Gemäuer ringsum, himmelt es uns wunderbar an, ein Idyll, das dem Heimatfernen Sehnsucht erwecken kann, einst da den letzten Schlaf zu tun – Heimkehr nach der Heimat!«
Aus dem Buch von Gustav Rommel: Urphar am Main – Ein Beitrag zur Geschichte und Kulturgeschichte der ehemaligen Grafschaft Wertheim
Heimat ist da, wo meine Wurzeln sind, wo meine Familie wohnt, wo Berge und Wälder, blühende Wiesen und klare Seen sind, wo man die gleiche Sprache spricht, wo man sich kennt und aufeinander Rücksicht nimmt.
Die Familie und der Wald haben vielschichtige und wechselseitige Verbindungen. Jeder Baum wächst für sich, aber die Gemeinschaft schützt die Schwachen vor den Stürmen des Lebens. Ich habe den Schutz des Waldes verlassen. Vor Wind und Wetter schützen mich meine Wurzeln, die ich tief und fest entwickelt habe.
Wer die Heimat verlässt, sägt den Baum ab. Aber solange die Wurzeln bleiben, kann man immer zurückkehren. Ich bin viel gereist, kenne die Heimat vieler Menschen, bin beruflich erfolgreich, aber etwas fehl. Nennt man das Heimweh?
Wenn man zurückkehrt in die Heimat, sieht man, dass sich vieles verändert hat, aber der Wald steht noch, die Wurzeln sind noch intakt, und darauf bauend kann wieder neues Leben wachsen.
Heimat
kein Ort, ein Ort
Heimat
alles, jeder und überall
Objekt, Natur, Tier, Stadt
ist dort, wo es mich hintreibt
Heimat
die Menschen, die ich liebe
dort, wo sich meine Seele einnistet
Heimat
tief in mir drinnen, die Ruhe die ich finde
die Verbundenheit, die ich fühle und brauche
Heimat
ja greifbar, sehbar, riechbar und fühlbar, allgegenwärtig
Heimat
diffus
Heimat ist sehr persönlich, einzigartig und dennoch verbindend. Es ist die eigene Geschichte aus Erinnerungen, Erfahrungen und Orten des Lebens.
In der Verbundenheit zu anderen Menschen, Traditionen und Gemeinsamkeiten erstrahlt der besondere Zauber von Heimat: »Heimat ist schön, beruhigend, herausfordernd und manchmal auch anstrengend.«
ein Ort tiefer Verbundenheit
mehr als ein flüchtiger Blick aus der Ferne
hogga ond schloddza isch besser wia standa ond schaffa.
eine schwäbische Tugend
es Läba isch koi Schloddzr
der Mut, Neues zu erfahren und zu entdecken
Ich habe lange überlegt, viel recherchiert, besonders viel gegrübelt: Wo bin ich zu Hause? Ich war viel unterwegs auf der Welt und eigentlich habe ich mich nach kurzer Zeit überall wohlgefühlt – war das Heimat?
»Heimat ist dort, wo das Herz ist«, sagt man. Mein Herz ist bei meinem Mann, also meine Heimat, egal, wo auf der Welt!
Familie ist Heimat.
Sie findet sich in jedem einzelnen Familienmitglied, aber auch in Geschenken, Erinnerungsstücken und Symbolen.
Aber wollen wir alles Gute hoffen, mein Schatz, damit Ihr mir gesund bleibt und wir uns einmal wiedersehen können. Wann es sein wird, kann ich Dir auch heute noch nicht schreiben. Alle meine Gedanken sind bei Dir. Ich bin manchmal selbst verzweifelt, dass alles so lange dauert, bis ich fahren kann, und möge uns Gott vor so etwas bewahren, damit es für uns einmal ein Wiedersehen gibt.
Aber wollen wir alles Gute hoffen.
Ruth ist 99 Jahre alt und lebt seit über 80 Jahren im selben Stadtteil in Duisburg.
Bis vor drei Jahren führte sie ihren eigenen Haushalt, inzwischen hat sie, schräg gegenüber ihrer früheren Wohnung, im Seniorenzentrum eine neue Heimat gefunden. Sie verfügt über ein großartiges Gedächtnis, und so kann sie zu fast allen ihrer alten Fotos und Dokumente lebendige Geschichten erzählen. Die Bilder ihrer Kinder, Enkel und Urenkel schmücken die Wände ihres Zimmers. Einige alte Möbel und dekorative Erinnerungsstücke schlagen den Bogen von ihrer alten zur neuen Heimat.
Die inhaltliche Bedeutung des Begriffs Heimat nehme ich zuerst wahr als ein Sich-Zuhause-fühlen. Aus biografischer Sicht spiegelt sich in Erinnerungen der Kindheit innerhalb eines begrenzten und vertrauten familiären Umfelds meine erste Heimat. Darüber hinaus gehören auch Fixpunkte wie Orte und Objekte an täglichen oder oft genutzten Wegen dazu. Zu dieser ersten biografischen Heimat gehören inzwischen auch geografische, kulturelle und politische Erfahrungen, die ich zweite, dritte, vierte Heimat nennen kann, weil sie ebenfalls ein Sich-Zuhause-Fühlen vermitteln.
Mit einem Gefühl von Heimat verbinde ich die Besuche bei meiner Großmutter in einem niedersächsischen Dorf.
Meine Großeltern besaßen eine Bäckerei und Café, mittlerweile verpachtet, und Großmutter wohnte später darüber. Es roch immer gut, und wir Kinder durften im Laden oder in der Backstube zusehen.
Beim Backen nach den alten Rezepten leben jedes Mal die Erinnerungen auf.
Angelehnt an das Zitat von Wilhelm von Humboldt, »Die wahre Heimat ist eigentlich die Sprache. Sie bestimmt die Sehnsucht danach, und die Entfernung vom Heimischen geht immer durch die Sprache am schnellsten«, ist meine Heimat das Bundesland Hessen. Alles, was mit meinem Heimat-Bundesland Hessen zu tun hat, löst in mir ein warmes und schönes Gefühl von Heimat aus: wenn ich den hessischen Dialekt höre, wenn ich die Skyline von Frankfurt sehe, oder wenn ich in den Weinbergen Rheinhessens wandere, wenn ich ein Glas Äbbelwoi trinke oder Frankfurter Grüne Soße esse.
Dann ist Heimat natürlich für mich der Ort, an dem meine Wurzeln, meine Eltern und mein Elternhaus sind, wo ich mich geborgen fühle. Diese Geborgenheit und Sicherheit empfinde ich ganz besonders dann, wenn ich die alte Wanduhr im Wohnzimmer meines Elternhauses laut ticken und zu jeder halben Stunde schlagen höre. Diese Wanduhr symbolisiert nicht nur Ruhe und Geborgenheit für mich, sondern ist auch ein Symbol für die Zeit, die ich in meinem Elternhaus verlebt habe, die Zeit, die verrinnt und die mir noch bleibt, um mich in der Umarmung meiner Eltern geborgen und sicher zu fühlen.
Bei uns Zuhause im Allgäu wird Heimat als »Hoimad« bezeichnet.
»Hoimad is do, wo ma a Bier einschenkt, ohne dass ma’s bestelle muss.«
»Hosch Du koi Hoimad?«, sagt man zu einem Gast, der spät abends immer noch nicht gehen will.
Seit über 30 Jahren ist Sylt unser zweites Zuhause – eine zweite Heimat.
Wie sieht man diese Heimat, wenn man sich weder als Einheimischer noch als Tourist fühlt?
Meine Heimat ist keinem bestimmten Ort zuzuordnen – maximal einer Region.
Durch ihre Mentalitäten, meine Erfahrungen und Erinnerungen hat sie mich geprägt
und zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.
Heimat zu beschreiben bedeutet, Gefühle und Empfindungen auszudrücken – mit
all Ihren Höhen und Tiefen UND mit allen Sinnen.
Fotografiert aus Augenhöhe der Katzen, die wie viele unserer vierbeinigen Wegbegleiter
zu meiner Heimat einfach dazugehören.
Expatriates werden von Unternehmen auf Zeit in die Niederlassungen anderer Länder entsandt. Manche Expats bleiben unter sich, beispielsweise weil in der Aufenthaltsdauer eine komplizierte Sprache kaum zu erlernen ist, oder auch aus Sicherheitsgründen. Andere stürzen sich in die kulturelle Vielfalt ihrer Heimat auf Zeit.
Und dann gibt es natürlich auch die, die bleiben, eine neue Heimat gefunden haben, vielleicht eine andere berufliche Neigung – oder die große Liebe.
Duisburg.
Kohlerevier und europäische Kulturhauptstadt.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Klischees kleben an ihrem Namen, aber die Fahrt durch die Stadt ist hell, die Luft flirrt, die Farben zwitschern und fließen durch die Straßen.
Heimat kann auch eine tiefe Verbundenheit zu einem fernen Ort bedeuten.
Ein Ort, an dem der Mensch loslassen und entspannen kann. Ein Ort, an dem die Seele Flügel bekommt.
Als Kind kam mir alles irgndwie viel größer vor – ich möchte wieder Kind sein!