Sie reicht von der Höhenkammliteratur bis zum Schimmelpilz in der Petrischale.
Vom Menschen gemacht – im Gegensatz zur Natur. Natur würde sich Begriffe wie »Höhenkammliteratur« sicher nicht wachsen lassen.
Mit der Kamera in der Hand kultiviert man einen anderen Blick auf seine Umgebung.
Mit einem offenen Verstand kultiviert man den Blick auf die Welt ebenfalls.
Beides zeigt diese Ausstellung.
Es gibt 86 Veedel (Stadtteile) in Köln, aber welches Stadtviertel macht das Rennen mit den kleinen und großen Highlight?
»Alles Schlechte dieser Welt kommt aus Nippes, Kalk und Ehrenfeld«, sagte man früher in Köln. Es waren die Namen der drei größten Arbeiterstadtteile. Ehrenfeld: nicht artig, aber einzigartig. Multikulti, junge Familien, Start-ups, Künstlerateliers, Moschee, Kirchen, Theater, viele kleine Läden von der Bücherei über Bäckerei bis Lebensmittel.
Kultur hat viele Gesichter. Die Spanne reicht von der Kneipen- oder Museums- bis zur Theaterkultur. Das und noch viel mehr vereint sich unter dem Dach der Veedelskultur. Schmelztiegel der Schnelllebigkeit, Zukunftsideen und Anonymität im Kleinstadtgetöse.
Noch heute bietet Ehrenfeld Grafitties, Baustellen, Schlaglöcher und Schilderchaos auf einen Streich, Experimentierküche aus Start-ups und morbiden Charme schmutziger Seitenstraßen. Ein Stelldichein renovierter Altbauten – Aufbruchstimmung und Hinterhof zugleich. Ein Viertel mit reichlich Platz für Tradition und einer großen Prise Glauben an die Zukunft.
Wahlheimat für Künstlerateliers, Kioske und Kaffeeröstereien. Ein Zuhause für jede Menge kleine Einkaufsläden aller Geschmacks- und Glaubensrichtungen. Großes gibt es natürlich auch. Wer suchet, der findet: das Neptunbad, als Badeanstalt im Jugendstil aus der Kaiserzeit mit edlem Spa und Trainingszentrum. Sogar einen echten Leuchtturm gibt’s mitten in der Stadt. Ein Wahrzeichen der Helios-Elektrizitätswerke aus dem 19. Jahrhundert. Als bekanntestes Bauwerk des Viertels gilt heute die Zentralmoschee. Sie heißt alle Besucher willkommen, ausdrücklich auch alle Nicht-Muslime. Bei gutem Wetter scheint die Sonne durch die riesigen Fenster und lässt den Kuppelsaal erleuchten.
Ehrenfeld, ein Viertel, das keine Angst vor Farben hat. 1001 kleine und riesengroße Graffitis auf Hauswänden – mit oder ohne politischem Statement – zieren die Straßen. Da liefert schon der Ehrenfelder S-Bahnhof eine Bilderflut, die Lust auf mehr macht.
Ehrenfeld, eine multikulturelle Allianz der Vielfalt als Markenzeichen für ein Veedel mit Kultur.
Steampunk ist ein Phänomen, das als literarische Strömung begann und sich in der ganzen Welt zu einem Kunstgenre, einer kulturellen Bewegung, einem Stil und einer Subkultur ausgeweitet hat.
Es findet sich das Headquater in Timeru in Neuseeland, in den USA werden Filme wie »Wild, Wild West« gedreht. Auch die Treffen in Deutschland sind international besetzt.
Steampunks versteht sich als Gegenbewegung zur Moderne – sie feiern die Ästhetik der Dampfmaschinen und des viktorianischen Kleidungsstils nach den Erzählungen von Jules Verne und H.G. Wells. Der Phantasie und dem Erfindungsreichtum sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
Kultur prägt uns – jeden Tag. Und wir prägen die Kultur. Dies führt, zum Teil dem Hunger der Menschheit geschuldet, oft auch zu Monokulturen.
Monokultur: eintönig – austauschbar – überholt?
Mal Blaumachen …
Im Hintertaunus im »Blauen Ländchen« gab es seit Jahrhunderten Manufakturen, die die vor Ort hergestellten Textilien mit dem Farbstoff der Waidpflanze blau färbten. Dieses alte kulturelle handwerkliche Wissen der überlieferten Färbetechniken des Blaufärbens wird heute von Kunsthandwerkern lebendig gehalten und an Interessierte weitergegeben.
Was übrig bleibt …
In der Bretagne erlebt man den Verfall der kleinen Fischereiflotten.
Ursprünglich wurden die Schiffe in Miniatur in Kirchen aufgehängt und dort verehrt. Im Laufe der Zeit kam es jedoch zu einem Niedergang der Schiffskultur.
Für die Einheimischen haben alle ihre Boote Seelen, deswegen werden sie nicht abgewrackt, sondern dem Zahn der Zeit überlassen.
Gartenkultur reicht bei uns von kalt über sehr gepflegt und wild hin zu großartig angelegt.
Große Anlagen wie auf der Insel Mainau oder in einer Gartenschau erlauben Akkuratesse.
In privaten Gärten wird es immer wichtiger, für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten auch eine gewisse Wildheit zu schaffen.
»In der gesamten Geschichte waren Friedhöfe wichtiger Teil unserer Zivilisation. Als heilige und emotionale Orte sind sie aber gleichzeitig auch Zeitzeugen der lokalen Geschichte von Dörfern und Städten. Es gibt sie in allen Städten Europas, und sie offenbaren deren kulturelle und religiöse Identität. Daher ist es wichtig, Friedhöfe als Orte des Lebens zu betrachten.«
aus: Europäische Route der Friedhofskultur
Kultur umfasst das Verhalten und die Wertvorstellungen der Individuen einer Gesellschaft. Sie ist also breit gefächert und besitzt viele Aspekte.
Einer davon ist z. B. die Kultur rund um das Auto, wobei hier nicht der Automobilkult, also der Hype um Marken und Tuning gemeint ist, sondern lediglich das Erscheinungsbild seines Innenraumes.
Dessen Bandbreite reicht von steril-nüchtern über verspielt und unaufgeräumt bis hin zur Vermüllung. Befindlichkeiten und Wertvorstellungen seines Besitzers, auch in kultureller Hinsicht, können so zum Ausdruck kommen.
Kultur umfasst im Grunde alles, was wir Menschen denken und tun können, im positiven wie im negativen Sinne.
Für Max Weber ist Kultur ein vom Menschen selbst gesponnenes Gewebe von Zeichen, das Sinn und Bedeutung vermittelt in einem unendlichen, sinnlosen Weltgeschehen. Der Mensch bedarf der Kultur, um seine Stellung im Kosmos zu verorten. Die Kultur ist der Scheinwerfer, der einen Punkt in der Unendlichkeit fokussiert und ihm in seiner Vergänglichkeit einen Platz darin sichert.
Dabei unterliegt die Kultur einer stetigen Veränderung. Erst durch die Pandemie wurde die kulturelle Evolution jäh unterbrochen. Unsere Gewohnheiten und Ausdrucksformen waren auf einmal eingeschränkt, allen voran die künstlerische Kultur im klassischen Sinne. Erst durch die Abwesenheit dieser Kultur ist uns deren Bedeutung schmerzlich bewusst geworden. Kultur ist mehr als ein Grundbedürfnis, sie ist essenziell.
Im Lockdown haben wir von Kultur geträumt und es sehnsüchtig vermisst, in sie einzutauchen und in ihr zu baden. Nie war ihr Wert so deutlich wie in einer Zeit, in der die Kulturtempel geschlossen waren. Lesen hat uns manchmal geholfen, aus dem Käfig der Pandemie auszubrechen, an Sehnsuchtsorte zu gelangen und unserer Fantasie freien Lauf zu lassen.
Plötzlich stand der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt, sondern neben sich. Das »Ich« wurde radikal vom Sockel geholt, musste sich fügen und beginnt langsam, die Welt mit anderen Augen zu sehen, aus einer neuen Perspektive.
Kultur bezeichnet laut Wikipedia im weitesten Sinne alle Erscheinungsformen menschlichen Daseins, die auf bestimmten Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen beruhen, und die sich wiederum in der dauerhaften Erzeugung und Erhaltung von Werten ausdrücken …
Drei Meilensteine aus der Entwicklung der Menschheitsgeschichte sind unter anderem das Feuer, das wärmt und das Leben erhellt, das Rad, das die Bewegung ins Rollen gebracht und in vielfältiger Form den Transport erleichtert, und die Schrift, mit der Informationen weitergegeben werden und die mit der Erfindung des Buchdrucks dazu beigetragen hat, dieses Wissen schnell zu verbreiten.
Wieviel Kultur passt an einen Ort?
November.
Henrichshütte Hattingen – Industriekultur im Ruhrgebiet.
Für einige Zeit hat ein Veranstalter auf dem Gelände des Industriemuseums einen magischen Lichterpark aufgebaut. Die Lichtobjekte wirken tagsüber seltsam fremd.
Zur selben Zeit:
Inspiriert von japanischer Ästhetik und Dichtkunst, sucht ein Fotokurs zwischen Hochofen und Lichtobjekten nach der Faszination des flüchtigen Moments. Öffnet Räume und löst sich vom Gegenständlichen.
Und alles fügt sich.
Sitzmöbel, die von ihren ehemaligen »Besitzern« auf die Straße gestellt wurden, im Grunde eine Erweiterung der Wohnräume in den öffentlichen Raum hinein. Eine Form der »Sitzkultur«
Alles wurde so vorgefunden, nichts wurde arrangiert. An manchen Orten wird man öfter fündig, und manche Möbel ziehen auch schon mal um. Zu beachten gilt auch die Farbwahl bzw. Beziehung der einzelnen Stücke zur ihrer Umgebung.
Kultur ist die Weise, in welcher Menschen sich verständigen, ihre Kenntnisse über die Einstellung zum Leben entwickeln und weitergeben.
Am Beispiel der Themengärten in den »Gärten der Welt« in Berlin erkennen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der von Menschen geschaffenen Gartengestaltung.
Das Gemeinsame aller Gärten ist das Wasser. Unterschiedlich ist seine Präsentation.
Das Wasser im chinesischen und christlichen Garten strahlt große Ruhe aus. Nichts bewegt sich sichtbar. Auch der japanische Garten ist ein Ort meditativer Ruhe. Jedoch wird hier das Wasser durch kleine Kieselsteine, die in eine immer gleiche Wellenform geharkt werden, dargestellt.
Im Gegensatz dazu durchfließt ein Bachlauf mit einem kleinen Wasserfall den koreanischen Garten.
Verspielt wirkt der orientalischen Garten mit seinen Fontänen. Hier ist das Wasser in ständiger Bewegung. Man meint, sein Plätschern zu hören.
Das Porsche-Museum in Stuttgart. Porsche, Mercedes, BMW, VW und andere prägen die Formen deutscher Industriekultur.
Das Gersteinwerk in Hamm, ein altes Kohlekraftwerk, das bald abgeschaltet wird, gehört zur Hammer Kultur. Hamm wurde auf Kohle geboren (Glück auf!) und das Kraftwerk war damals das modernste Kohlekraftwerk sein Zeit, wurde von Helmut Kohl persönlich »eingeschaltet«.
Der Industriehafen in Hamm im Datteln-Hamm-Kanal. Früher wurde hier hauptsächlich Kohle umgeschlagen, inzwischen ist der Hafen einer der führenden Kanalhäfen Deutschlands mit einer sehr guten Anbindung für den Güterverkehr an den nahe gelegen Hammer Hauptbahnhof.
Traditionelle Bräuche sind wichtige Bestandteile von Kulturen.
Leonhardiritte finden zu Ehren des heiligen Leonhards seit ca. 1435 jedes Jahr um den 4. November herum statt und zählen zu den ältesten christlichen Bräuchen Oberbayerns.
St. Leonhard ist in Bayern der Stallheilige der Landwirte und gilt ihnen als Bauernherrgott. Ihn bitten sie bei Geburt oder Krankheit ihrer Tiere um Beistand.
Für die Prozession werden die Rösser gestriegelt und kunstvoll geschmückt, die Pferdewägen aufwändig nach unterschiedlichen Mottos gestaltet. Voller Stolz präsentieren sich die Dorfbewohnerinnen und -bewohner in ihren kostbaren traditionellen Trachten.
Zusammen begeben sie sich nach der priesterlichen Segnung auf ihre kleine Wallfahrt rund um die Dorfkirche und lassen den Vormittag am Stammtisch der Dorfwirtschaft bei Weißwürsten und Bier ausklingen.
Fichten-Monokulturen prägen den deutschen Wald.
Diese Kulturen sind durch die häufigen und extremen Dürren der letzten Jahre extrem geschwächt, sodass sie dem Borkenkäfer nichts mehr entgegensetzen konnten.
Die befallenen Fichten mussten gefällt und zuletzt neu aufgeforstet werden.
Ob es sich bei den Aufforstungen wieder um Fichten handelt, kann nicht gesagt werden.
Straßenkultur findet sich auf der ganzen Welt.
Was prägt sie?
Kann man die Unterschiede zwischen Aarhus und Venedig, Prag und Marokko, Deutschland und Indien noch erkennen, oder verschwimmen die Kulturen der Nationen auf den Straßen miteinander?
Ausgangspunkt war die Orgel aus dem Jahre 1624 in der Kirche in Rodenbach. Sie ist die älteste noch gespielte Orgel in Hessen. Einige Konzerte im Laufe eines Jahres erfreuen die Organisten und deren Konzertbesucherinnen und Besucher. Wunderschöne Klänge kommen aus den Manualen I-CDE-c4 und acht Registern. Lange nach den Konzerten und Gottesdiensten klingen sie noch nach.
Auch in unmittelbarer Umgebung sind noch einige Orgeln aus vergangenen Zeiten zu finden. Hochachtung für die handwerklichen Künste der Orgelbauer und die Leistungen der Tischler oder Schreiner sowie aller Mechaniker. Man muss die Werkzeuge beachten, die den Handwerkern dieser Zeiten zur Verfügung standen!
Orgel in Büdingen-Düdelsheim erbaut 1921 von Förster und Nikolaus, Lich / Hessen
Bechstein Orgel in der evangelischen Kirche in Altenstadt, erbaut 1770 von Bechstein Orgelbau Anstalt, Groß Umstadt. Tastatur in Elfenbein.
Bespielung der Orgel in Altenstadt Oberau, erbaut 1865 von Förster & Nicolaus, Lich / Hessen.
Tastatur der Orgel der evangelischen Kirche in Ranstadt, erbaut im Jahre 1877 von C. Zinck, Ostheim, restauriert 1984 von Gebr. Oberlinger, Windesheim.
Tastatur und Hebel der Register von der evangelischen Kirche in Altenstadt-Rodenbach. Erbaut im Jahre 1621 von Georg Wagner aus Lich (zugeschrieben) Manuale I-CDE-c4 und 8 Registern. Rekonstruktion 1970 durch Rudolf von Beckerath, Orgelbau. Revision im Jahre 2021 durch Förster & Nicolaus, Lich / Hessen.
Verzierter Renaissance-Spieltisch der Rodenbacher Orgel. Die Jahreszahl 1621 wurde in Gold gefasst. Älteste Orgel Hessens, die regelmäßig gespielt wird.
Ansichten der unterschiedlichen Bauweisen der Orgeln - Altenstadt - Oberau, Altenstadt, Ranstadt und Altenstadt Rodenbach.
Früher waren die Menschen längere Zeit auf Reisen. Weil sie deshalb Hunger bekamen, wurde ihnen von den Gastgebern Essen angeboten. Auch wer arm war, stellte etwas bereit, und sei es nur etwas zum Knabbern wie z. B. Nüsse. Dieser Brauch existiert noch heute. Wer Gast in einer arabischen Familie ist, sollte Hunger mitbringen. Ablehnung könnte als Beleidigung interpretiert werden.
Bei den Arabern legt man großen Wert auf Gastfreundschaft. Nicht nur privat, sondern auch geschäftlich. Wer ein Geschäft betritt, sollte sich viel Zeit mitnehmen, denn man bekommt erst mal einen marokkanischen Tee angeboten. Er ist ein wichtiger Bestandteil der marokkanischen Kultur. Für die Teezeremonie werden originale Teeblätter verwendet und frische Minze hinzugefügt. Der Tee schmeckt vorzüglich.
Das Rechaud sorgt bei Festen und Feiern für guten Duft. Die Kohle wird in Weihrauch getränkt und dann angezündet. Die marokkanischen Teller sind oft handbemalt.
Brot ist für viele Menschen aus dem Alltag nicht wegzudenken. In verschiedenen Formen gehört es zu unterschiedlichen Anlässen wie dem kirchlichen Abendmahl oder dem Wohnungseinzug und gilt als Symbol für Glück sowie Wohlstand.
2014 wurde Brot in das »Bundesweite Deutsche Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe« aufgenommen. Im Mai gibt es den »Tag des Deutschen Brotes«. In einer Statistik wird eine Anzahl von ca. 3000 Brotsorten in Deutschland erfasst, darüber hinaus die Form, das Gewicht und die Zusammensetzung jeder Sorte und wie groß ihr jeweils verkaufter Anteil ist.
In der Art und Weise, wie Brot konsumiert wird, existieren jedoch spezifische regionale und zeitgeschichtliche Besonderheiten:
Das »Dubbel« als Pausenbrot steht in Konkurrenz zum belegten Brötchen to go.
Das »Hasenbrot« kennen jüngere Generationen nicht mehr als schätzenswerte Spezialität: Eltern bringen selten übriggebliebene Brote von der Arbeit zurück, weil sie eben auch keine mehr mitnehmen.
»Reiterchen« sind klein geschnittene, vorzugsweise mit Salzstangen garnierte und verzierte Brotstücke. Sie werden für Kinder als Gegenangebot zu langweiligen Schnitten angefertigt.
Das »Matschbrötchen« behauptet sich als Pausenbrot im Schulkiosk gegenüber gesunden Alternativen.
Wer hinter der Bezeichnung »Halve Hahn« ein halbes Hähnchen vermutet, wird von einem Roggen-Käsebrötchen überrascht.
»Schwarzbrot, dick Butter und irgendein Trockenkuchen« ist ein überliefertes Familienrezept, das nicht nur Kindern Schwarzbrot näherbringen kann, sondern auch sehr gut schmeckt.
Und jetzt »Guten Appetit«!
kultiviert, geliebt, lächeln
knospe, kelch, blütenblätter, welk
schönheit im vergehen, alterslos
Es gibt 86 Veedel (Stadtteile) in Köln, aber welches Stadtviertel macht das Rennen mit den kleinen und großen Highlight?
»Alles Schlechte dieser Welt kommt aus Nippes, Kalk und Ehrenfeld«, sagte man früher in Köln. Es waren die Namen der drei größten Arbeiterstadtteile. Ehrenfeld: nicht artig, aber einzigartig. Multikulti, junge Familien, Start-ups, Künstlerateliers, Moschee, Kirchen, Theater, viele kleine Läden von der Bücherei über Bäckerei bis Lebensmittel.
Kultur hat viele Gesichter. Die Spanne reicht von der Kneipen- oder Museums- bis zur Theaterkultur. Das und noch viel mehr vereint sich unter dem Dach der Veedelskultur. Schmelztiegel der Schnelllebigkeit, Zukunftsideen und Anonymität im Kleinstadtgetöse.
Noch heute bietet Ehrenfeld Grafitties, Baustellen, Schlaglöcher und Schilderchaos auf einen Streich, Experimentierküche aus Start-ups und morbiden Charme schmutziger Seitenstraßen. Ein Stelldichein renovierter Altbauten – Aufbruchstimmung und Hinterhof zugleich. Ein Viertel mit reichlich Platz für Tradition und einer großen Prise Glauben an die Zukunft.
Wahlheimat für Künstlerateliers, Kioske und Kaffeeröstereien. Ein Zuhause für jede Menge kleine Einkaufsläden aller Geschmacks- und Glaubensrichtungen. Großes gibt es natürlich auch. Wer suchet, der findet: das Neptunbad, als Badeanstalt im Jugendstil aus der Kaiserzeit mit edlem Spa und Trainingszentrum. Sogar einen echten Leuchtturm gibt’s mitten in der Stadt. Ein Wahrzeichen der Helios-Elektrizitätswerke aus dem 19. Jahrhundert. Als bekanntestes Bauwerk des Viertels gilt heute die Zentralmoschee. Sie heißt alle Besucher willkommen, ausdrücklich auch alle Nicht-Muslime. Bei gutem Wetter scheint die Sonne durch die riesigen Fenster und lässt den Kuppelsaal erleuchten.
Ehrenfeld, ein Viertel, das keine Angst vor Farben hat. 1001 kleine und riesengroße Graffitis auf Hauswänden – mit oder ohne politischem Statement – zieren die Straßen. Da liefert schon der Ehrenfelder S-Bahnhof eine Bilderflut, die Lust auf mehr macht.
Ehrenfeld, eine multikulturelle Allianz der Vielfalt als Markenzeichen für ein Veedel mit Kultur.
Steampunk ist ein Phänomen, das als literarische Strömung begann und sich in der ganzen Welt zu einem Kunstgenre, einer kulturellen Bewegung, einem Stil und einer Subkultur ausgeweitet hat.
Es findet sich das Headquater in Timeru in Neuseeland, in den USA werden Filme wie »Wild, Wild West« gedreht. Auch die Treffen in Deutschland sind international besetzt.
Steampunks versteht sich als Gegenbewegung zur Moderne – sie feiern die Ästhetik der Dampfmaschinen und des viktorianischen Kleidungsstils nach den Erzählungen von Jules Verne und H.G. Wells. Der Phantasie und dem Erfindungsreichtum sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
Kultur prägt uns – jeden Tag. Und wir prägen die Kultur. Dies führt, zum Teil dem Hunger der Menschheit geschuldet, oft auch zu Monokulturen.
Monokultur: eintönig – austauschbar – überholt?
Mal Blaumachen …
Im Hintertaunus im »Blauen Ländchen« gab es seit Jahrhunderten Manufakturen, die die vor Ort hergestellten Textilien mit dem Farbstoff der Waidpflanze blau färbten. Dieses alte kulturelle handwerkliche Wissen der überlieferten Färbetechniken des Blaufärbens wird heute von Kunsthandwerkern lebendig gehalten und an Interessierte weitergegeben.
Was übrig bleibt …
In der Bretagne erlebt man den Verfall der kleinen Fischereiflotten.
Ursprünglich wurden die Schiffe in Miniatur in Kirchen aufgehängt und dort verehrt. Im Laufe der Zeit kam es jedoch zu einem Niedergang der Schiffskultur.
Für die Einheimischen haben alle ihre Boote Seelen, deswegen werden sie nicht abgewrackt, sondern dem Zahn der Zeit überlassen.
Gartenkultur reicht bei uns von kalt über sehr gepflegt und wild hin zu großartig angelegt.
Große Anlagen wie auf der Insel Mainau oder in einer Gartenschau erlauben Akkuratesse.
In privaten Gärten wird es immer wichtiger, für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten auch eine gewisse Wildheit zu schaffen.
Kultur.
Entstehen.
Vergehen.
Neues erwächst.
Kultur lässt uns die Welt in einem anderen Licht sehen.
»In der gesamten Geschichte waren Friedhöfe wichtiger Teil unserer Zivilisation. Als heilige und emotionale Orte sind sie aber gleichzeitig auch Zeitzeugen der lokalen Geschichte von Dörfern und Städten. Es gibt sie in allen Städten Europas, und sie offenbaren deren kulturelle und religiöse Identität. Daher ist es wichtig, Friedhöfe als Orte des Lebens zu betrachten.«
aus: Europäische Route der Friedhofskultur
Kultur umfasst das Verhalten und die Wertvorstellungen der Individuen einer Gesellschaft. Sie ist also breit gefächert und besitzt viele Aspekte.
Einer davon ist z. B. die Kultur rund um das Auto, wobei hier nicht der Automobilkult, also der Hype um Marken und Tuning gemeint ist, sondern lediglich das Erscheinungsbild seines Innenraumes.
Dessen Bandbreite reicht von steril-nüchtern über verspielt und unaufgeräumt bis hin zur Vermüllung. Befindlichkeiten und Wertvorstellungen seines Besitzers, auch in kultureller Hinsicht, können so zum Ausdruck kommen.
Kultur umfasst im Grunde alles, was wir Menschen denken und tun können, im positiven wie im negativen Sinne.
Für Max Weber ist Kultur ein vom Menschen selbst gesponnenes Gewebe von Zeichen, das Sinn und Bedeutung vermittelt in einem unendlichen, sinnlosen Weltgeschehen. Der Mensch bedarf der Kultur, um seine Stellung im Kosmos zu verorten. Die Kultur ist der Scheinwerfer, der einen Punkt in der Unendlichkeit fokussiert und ihm in seiner Vergänglichkeit einen Platz darin sichert.
Dabei unterliegt die Kultur einer stetigen Veränderung. Erst durch die Pandemie wurde die kulturelle Evolution jäh unterbrochen. Unsere Gewohnheiten und Ausdrucksformen waren auf einmal eingeschränkt, allen voran die künstlerische Kultur im klassischen Sinne. Erst durch die Abwesenheit dieser Kultur ist uns deren Bedeutung schmerzlich bewusst geworden. Kultur ist mehr als ein Grundbedürfnis, sie ist essenziell.
Im Lockdown haben wir von Kultur geträumt und es sehnsüchtig vermisst, in sie einzutauchen und in ihr zu baden. Nie war ihr Wert so deutlich wie in einer Zeit, in der die Kulturtempel geschlossen waren. Lesen hat uns manchmal geholfen, aus dem Käfig der Pandemie auszubrechen, an Sehnsuchtsorte zu gelangen und unserer Fantasie freien Lauf zu lassen.
Plötzlich stand der Mensch nicht mehr im Mittelpunkt, sondern neben sich. Das »Ich« wurde radikal vom Sockel geholt, musste sich fügen und beginnt langsam, die Welt mit anderen Augen zu sehen, aus einer neuen Perspektive.
Kultur bezeichnet laut Wikipedia im weitesten Sinne alle Erscheinungsformen menschlichen Daseins, die auf bestimmten Wertvorstellungen und erlernten Verhaltensweisen beruhen, und die sich wiederum in der dauerhaften Erzeugung und Erhaltung von Werten ausdrücken …
Drei Meilensteine aus der Entwicklung der Menschheitsgeschichte sind unter anderem das Feuer, das wärmt und das Leben erhellt, das Rad, das die Bewegung ins Rollen gebracht und in vielfältiger Form den Transport erleichtert, und die Schrift, mit der Informationen weitergegeben werden und die mit der Erfindung des Buchdrucks dazu beigetragen hat, dieses Wissen schnell zu verbreiten.
Wieviel Kultur passt an einen Ort?
November.
Henrichshütte Hattingen – Industriekultur im Ruhrgebiet.
Für einige Zeit hat ein Veranstalter auf dem Gelände des Industriemuseums einen magischen Lichterpark aufgebaut. Die Lichtobjekte wirken tagsüber seltsam fremd.
Zur selben Zeit:
Inspiriert von japanischer Ästhetik und Dichtkunst, sucht ein Fotokurs zwischen Hochofen und Lichtobjekten nach der Faszination des flüchtigen Moments. Öffnet Räume und löst sich vom Gegenständlichen.
Und alles fügt sich.
Sitzmöbel, die von ihren ehemaligen »Besitzern« auf die Straße gestellt wurden, im Grunde eine Erweiterung der Wohnräume in den öffentlichen Raum hinein. Eine Form der »Sitzkultur«
Alles wurde so vorgefunden, nichts wurde arrangiert. An manchen Orten wird man öfter fündig, und manche Möbel ziehen auch schon mal um. Zu beachten gilt auch die Farbwahl bzw. Beziehung der einzelnen Stücke zur ihrer Umgebung.
Kultur ist die Weise, in welcher Menschen sich verständigen, ihre Kenntnisse über die Einstellung zum Leben entwickeln und weitergeben.
Am Beispiel der Themengärten in den »Gärten der Welt« in Berlin erkennen wir Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der von Menschen geschaffenen Gartengestaltung.
Das Gemeinsame aller Gärten ist das Wasser. Unterschiedlich ist seine Präsentation.
Das Wasser im chinesischen und christlichen Garten strahlt große Ruhe aus. Nichts bewegt sich sichtbar. Auch der japanische Garten ist ein Ort meditativer Ruhe. Jedoch wird hier das Wasser durch kleine Kieselsteine, die in eine immer gleiche Wellenform geharkt werden, dargestellt.
Im Gegensatz dazu durchfließt ein Bachlauf mit einem kleinen Wasserfall den koreanischen Garten.
Verspielt wirkt der orientalischen Garten mit seinen Fontänen. Hier ist das Wasser in ständiger Bewegung. Man meint, sein Plätschern zu hören.
Das Porsche-Museum in Stuttgart. Porsche, Mercedes, BMW, VW und andere prägen die Formen deutscher Industriekultur.
Das Gersteinwerk in Hamm, ein altes Kohlekraftwerk, das bald abgeschaltet wird, gehört zur Hammer Kultur. Hamm wurde auf Kohle geboren (Glück auf!) und das Kraftwerk war damals das modernste Kohlekraftwerk sein Zeit, wurde von Helmut Kohl persönlich »eingeschaltet«.
Der Industriehafen in Hamm im Datteln-Hamm-Kanal. Früher wurde hier hauptsächlich Kohle umgeschlagen, inzwischen ist der Hafen einer der führenden Kanalhäfen Deutschlands mit einer sehr guten Anbindung für den Güterverkehr an den nahe gelegen Hammer Hauptbahnhof.
Traditionelle Bräuche sind wichtige Bestandteile von Kulturen.
Leonhardiritte finden zu Ehren des heiligen Leonhards seit ca. 1435 jedes Jahr um den 4. November herum statt und zählen zu den ältesten christlichen Bräuchen Oberbayerns.
St. Leonhard ist in Bayern der Stallheilige der Landwirte und gilt ihnen als Bauernherrgott. Ihn bitten sie bei Geburt oder Krankheit ihrer Tiere um Beistand.
Für die Prozession werden die Rösser gestriegelt und kunstvoll geschmückt, die Pferdewägen aufwändig nach unterschiedlichen Mottos gestaltet. Voller Stolz präsentieren sich die Dorfbewohnerinnen und -bewohner in ihren kostbaren traditionellen Trachten.
Zusammen begeben sie sich nach der priesterlichen Segnung auf ihre kleine Wallfahrt rund um die Dorfkirche und lassen den Vormittag am Stammtisch der Dorfwirtschaft bei Weißwürsten und Bier ausklingen.